Immense KostenSo teuer war die Entlastungsfläche auf der Uniwiese an Karneval

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Der Andrang auf der Uniwiese war an Weiberfastnacht überschaubar.

Der Andrang auf der Uniwiese war an Weiberfastnacht überschaubar.

Allein der Transport, Auf- und Abbau der Bodenplatten kosteten in diesem Jahr 627.000 Euro. Ist das der neue Dauerzustand?

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Dass es an Weiberfastnacht fast den ganzen Tag regnen würde, konnte die Stadtverwaltung nun wirklich nicht vorhersehen, als sie ihr Sicherheitskonzept für das Kwartier Latäng festzurrte. Weil es aber genauso kam, feierte zum Auftakt in den Straßenkarneval kaum jemand auf der Uniwiese. Umso mehr sorgt der Aufwand, den die Stadt wieder einmal betrieben hat, um den Bereich im Inneren Grüngürtel in eine Entlastungsfläche für das Kwartier Latäng zu transformieren, bei vielen Passanten für Kopfschütteln.

Tagelang dauerte der Aufbau, der Abbau der letzten verbliebenen Absperrungen war auch am Dienstag noch nicht abgeschlossen. „Die Maßnahmen zum Schutz der Uniwiese werden sich am Ende vermutlich auf 1,2 bis 1,5 Millionen Euro belaufen“, teilt die Stadt auf Anfrage der Rundschau mit. Eine genauere Aussage ist noch nicht möglich, die komplette Abrechnung liegt noch nicht vor. Wofür das alles, fragt sich nun so mancher. Bis zu anderthalb Millionen Euro hat die Stadt schließlich für eine Entlastungsfläche auf den Tisch gelegt, die aufgrund des Regens fast niemand nutzte.

Aber auch wetterunabhängig bleibt die Frage: Bleibt die Entlastungsfläche der neue Dauerzustand? Bis auf einige Feiernde, die die Uniwiese an den Karnevalstagen mittlerweile gezielt ansteuern, wünscht sich das kaum jemand.  Da sind zum einen die ökologischen Bedenken. Tiefe Furchen durchziehen nach dem Abbau auch in diesem Jahr die Uniwiese. Die Stadt wird erneut Rasen nachsähen müssen. Da ist nun aber auch die Gewissheit, dass die Fläche, wohlgemerkt gleich zweimal im Jahr, Millionenbeträge schluckt.

Karneval auf der Uniwiese: Bodenplatten erstmals Weiberfastnacht 2023

Ein Blick zurück: Die Entlastungsfläche mit Bodenplatten zum Schutz der Uniwiese kam erstmals an Weiberfastnacht 2023 zum Einsatz. Die Stadt reagierte damit auf die Ereignisse am vorangegangenen Elften Elften. Als die Zülpicher Straße im November 2022 vollgelaufen war, fluteten die jungen Feiernden die ungeschützte Uniwiese und hinterließen ein Meer aus Müll und Scherben.

Nach dem Elften Elften 2022 glich die Uniwiese einem Meer aus Müll und Scherben.

Nach dem Elften Elften 2022 glich die Uniwiese einem Meer aus Müll und Scherben.

Die Entlastungsfläche ist seitdem der Versuch, die Massen kontrolliert feiern zu lassen, für die auf der Zülpicher Straße kein Platz ist. Mit Musik vom DJ, mit Essens- und Getränkeständen, reichlich Toilettenanlagen und eben mit den teuren Bodenplatten. Rund eine halbe Million Euro kosteten Transport, Auf- und Abbau beim ersten Mal 2023. In diesem Jahr steigen die Kosten dafür laut Stadt auf 627.000 Euro. Besonders voll lief die Fläche am Elften Elften 2023, einem Samstag. Es wurde so voll, dass Tausende Richtung Aachener Weiher weiterzogen und dort auf ungeschütztem Boden feierten. 30.000 Euro investierte die Stadt dort in diesem Jahr für weitere Absperrungen.

Sowohl für die Verwaltung als auch für die Polizei ist die Entlastungsfläche als Teil des Sicherheitskonzepts derzeit alternativlos. Mit dem Argument der Gefahrenabwehr begründet die Stadt die Maßnahme im Landschaftsschutzgebiet, in dem eigentlich keine Veranstaltungen stattfinden dürfen. Die Naturschützer des BUND versuchten bereits mehrfach erfolglos, gegen die Nutzung des Grüngürtels an Karneval vorzugehen und werden es wohl weiter versuchen.

Karneval im Kwartier Latäng: die schwierige Suche nach Alternativen

Was fehlt, ist die Alternative und somit eine Lösung, um den Dauerzustand zu verhindern. Die Bühne auf dem Hohenstaufenring war ein Test, um die Massen im Viertel zu entzerren. Ob der Vorstoß Potenzial besitzt, zur Lösung beizutragen, lässt sich nach dem verregneten Weiberfastnachtstag kaum sagen. „Die erhöhten Kosten sind ein Grund mehr, den Grüngürtel zukünftig nicht mehr als Ausweichfläche zu nutzen. "Wir Grüne im Kölner Rat fordern deshalb, dass bereits zum 11.11.2024 das Angebot auf den Ringen ausgebaut wird. Für uns ist dabei klar: Das geht nur mit einem Schutzkonzept für die Schaafenstraße“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünenfraktion, Manfred Richter. Es spreche vieles dafür, dieses Konzept zum Elften im Elften noch einmal auszuprobieren, findet auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernd Petelkau. „Angesichts der angespannten Haushaltslage steht das allerdings unter einem Finanzierungsvorbehalt.“

Alternativflächen in größerer Entfernung zum Kwartier Latäng hat die Stadt analysiert und für nicht tauglich abgestempelt. „Wir brauchen ein zentrales Konzept, das die Hotspots Zülpicher Straße und Uniwiese ersetzen kann: freier Eintritt, große Kapazität, Mitnahme von Getränken und Musikprogramm", sagt die Volt-Fraktionsvorsitzende Jennifer Glashagen. Die Uniwiese werde derzeit weiter benötigt. „Die Sicherheit von tausenden Feiernden darf nicht gegen Geld oder Naturschutz aufgewogen werden.“

Enlastungfläche im Grüngürtel: „Leider notwendig“

Für „leider notwendig“ hält der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Joisten die Maßnahmen im Grüngürtel. Aber: „Für die Zukunft muss die Stadtverwaltung gemeinsam mit Partnern aus Karneval, Kultur und Gastronomie tragfähige Konzepte für alternative Feierflächen entwickeln.“

„Es treibt einem die Tränen in die Augen, dass der Steuerzahler dafür aufkommen muss“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Ratsfraktion, Volker Görzel.  „Aber solange wir keine Alternative haben, müssen wir in den sauren Apfel beißen. Wir können nur darauf hoffen, dass die Bühne auf dem Ring erweitert wird oder das der Andrang weniger wird, zumindest, wenn der Elfte Elfte nicht auf einen Samstag fällt.“

Kritisch sieht die Ausweichfläche auch die Linksfraktion. „Es gab immer schon ökologische Bedenken. Nun steigen auch noch die Kosten. Die Verwaltung muss zügig ein Konzept vorlegen, was sie für die nächste Session insbesondere für die Zülpicher Straße plant“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Uschi Röhrig.

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