Neue Tour der Kölner BandZeitreise von BAP sofort ausverkauft

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BAP gastiert im Juli 1982 auf der Loreley

Sturm und Drang: BAP beim Auftritt auf der Loreley 1982

Mit zwei legendären Alben im Gepäck plant BAP eine große Tour 2024. Im Dezember gibt es vier Konzerte in den Sartory-Sälen. Die Karten waren schon am Mittag vergriffen.

Legenden gibt es viele aus den frühen Jahren von Wolfgang Niedeckens Band BAP. Doch keine ist so prominent besetzt wie die aus dem Juli 1982. Die Rolling Stones spielten an zwei Tagen vor insgesamt 80 000 Fans im Müngersdorfer Stadion. Als Vorgruppe ging BAP auf die Bühne. Der jüngst 80 Jahre alt gewordene Mick Jagger traf bei den ersten Klängen von „Verdamp lang her“ am Stadion ein, die Menge tobte, und der Sänger fragte Tourveranstalter Fritz Rau: „What the hell is this, Fritz?“ Ja, was zur Hölle war das? 

BAP Kölsch-Rockband um den Frontmann Wolfgang Niedecken

Verschwitzt und happy: Wolfgang Niedecken, Wolli Boecker, Schmal Boecker, Hans Wollrath, Klaus Heuser und Alexander Büchel, verdeckt: Steve Borg (v.l.)

Jeder, der in den letzten Jahren auf einem BAP-Konzert war, weiß, dass die großen Erfolge aus den frühen Jahren der Band auch gut 40 Jahre später nichts von ihrer Kraft verloren haben.  Das Widerstandslied „10. Juni“ hat Niedecken auf der jüngsten Tour „Alles fließt“ wieder ins Programm genommen. „Wenn man heute in die Ukraine schaut, ist das Lied aktueller denn je“, sagt er. „Plant mich bloß nit bei üch en“ heißt es im Refrain, und: „Ich hann mit ührer Logik nix ahm Hoot.“ Die kalte Schulter fürs Militär also, Fahnenflucht, etwas, das sich auch in der Gedankenwelt eines russischen Soldaten abspielen könnte. „Die Resonanz bei den Konzerten war überwältigend“, sagt der 72-Jährige.

Zeitreise in die wilden Zeiten der Kölner Band

Und damit war die Idee geboren, eine Zeitreise in die vielleicht nicht größten, aber sicher aufregendsten und wildesten Jahre der Band zu starten: Zurück in die Jahre 1981 und 82, als BAP mit Songs wie „Kristallnaach“ handgemachten Rock aus Köln zum bundesweiten Verkaufsschlager machte und damit alle Musikexperten überraschte – aber am meisten sich selbst. Am Samstagmorgen gingen zunächst die Tickets für den 8. und 9. Dezember in den „Sartory“-Sälen in den Verkauf – sie waren sofort vergriffen. Dann wurden für die „Zeitreise 81/82“ Zusatztermine für den 7. und 10. Dezember freigeschaltet, am Mittag waren auch diese Karten weg. Fortsetzung folgt … spätestens 2024. Im „Sartory“ wird ein Live-Album entstehen, das im Frühjahr erscheinen soll, und dann geht es bundesweit auf Tournee.

Wir wussten nicht, was mit uns passiert, wir hatten keine Anschnallgurte.
Wolfgang Niedecken, BAP-Chef

Kein Song bei der Tour wird jünger als 40 Jahre sein. Schlagzeuger Sönke Reich (Jahrgang 1983) war noch nicht auf der Welt, als die wild gewordene Kapelle aus dem Chlodwig-Eck ihre Erfolgsgeschichte schrieb. „Wir wussten gar nicht, was mit uns passiert“, sagt Niedecken der Rundschau. „Wir hatten keine Anschnallgurte.“ Doch es ging rasant nach oben. Das dritte Album der Band „Für Usszeschnigge“ flog sensationell an die Spitze der  Albumcharts. Und das Timing der nächsten Veröffentlichung war ambitioniert: Das Nachfolgealbum „Vun drinne noh drusse“ verdrängte den Vorgänger von Platz 1, ein einmaliger Vorgang. Es folgte eine Tour mit 120 Auftritten sowie ein Live-Album, für das die Leute ebenfalls Schlange standen. Erklären konnte all das niemand so recht.

Für eingefleischte Fans sind Alben drei und vier ein Konvolut voller Hymnen. Der frühe Gentrifizierungsklassiker „Südstadt verzäll nix“, der durchgeknallte „Waschsalon“ oder die Selbstfindungsballade „Jraaduss“ finden sich auf dem „Usszeschnigge“-Album. Für den Klassiker „Jupp“ stand ein Bewohner des Johanneshauses in der Südstadt Pate. Niedecken traf ihn beim Frühstück im Chlodwig-Eck, ging nach Hause und formte aus den bemerkenswerten Sätzen den Song einer Weltreise, die in Stalingrad endetet. „Bei vielen älteren Songs denke ich, die würde ich heute anders schreiben“, sagte Niedecken der Rundschau zu seinem 70. Geburtstag. „Den würde ich genauso schreiben.“   

BAP Eintrittskarte

Die Eintrittskarten für die Konzerte im Sartory vereinen zwei Albummotive.

„Wenn et bedde sich lohne däät“ steht ebenfalls für die Zeit, in der Friedenstauben am Autoheck klebten und Studenten zu Anti-AKW-Protesten strömten. Die Grünen boten einer ganzen Generation die Einladungskarte zur politischen Identifikation, und BAP spielte den Soundtrack dazu. Vor 300.000 Besuchern gastierte die Band bei der legendären Kundgebung im Bonner Hofgarten gegen den Nato-Doppelbeschluss. Das ebenfalls denkwürdige Konzert auf der Loreley, das im Rahmen der Rockpalast-Reihe stattfand, war die Kirsche auf der Torte eines völlig verrückten Musiksommers. An diesem Samstag spielt BAP ein Konzert auf dem Bonner Kunstrasen und wird die Tourpläne auf der Bühne ankündigen.

Karten und Veranstaltungsort versprühen Nostalgie

Auf den entsprechenden Retro-Charme achtet der „Südstadt-Dylan“ bei der bevorstehenden Tour: Die Konzertkarten sind im früheren Harddesign gestaltet und dürften - ebenfalls wie früher - an dem ein oder anderen Kühlschrank eine Heimat finden. Zumal sie die Motive der beiden Alben verbinden. Auch der erste Veranstaltungsort spricht für sich: Im Festsaal „Sartory“ fanden zwischen 1980 und `84 die meisten Auftritte der Band statt (später folgte der Umzug in die Sporthalle, dann in die Arena). Im Sartory ist auch der längste aller BAP -Gigs gespielt worden: Am 7. Dezember 1984 stoppte die Uhr bei vier Stunden und acht Minuten. Es war der letzte von fünf Auftritten der "Zwesche Salzjebäck un Bier"-Tour. 

Die Songs von damals will der Liedermacher liebevoll restaurieren, aber nicht bis zur Unkenntlichkeit neu arrangieren. Die Zeitreise soll BAP-getreu ohne Firlefanz auskommen. Und ohne Wiedervereinigungsromantik. Klaus „Major“ Heuser wird nicht auf der Bühne stehen, auch wenn der Gitarrist entscheidend zum Erfolg der frühen Jahre beigetragen hat. „Die Wege haben sich getrennt. Er ist ausgestiegen, weil er was anderes machen wollte“, sagt Niedecken knapp. Es gebe keine Berührungspunkte. Aber eine Band, die seitdem mehrfach neu formiert wurde, heute unter anderem von Gitarrist Ulrich Rode geprägt wird und einem Bläsertrio, das ebenfalls bei der Tour dabei sein wird. Und, wer hätte das gedacht, nach 42 Jahren wird das Live-Repertoire noch einmal ausgeweitet. Stücke wie „Fuhl ahm Strand“ und „Koot vüür Aach“ hat Niedecken noch nie live gespielt. 25 Songs finden sich auf den beiden Alben, sie werden aber nicht nach Liste, sondern sorgsam angeordnet zur Aufführung gebracht. Und für den Zugabeteil gibt es ja noch genügend Titel der ersten beiden Alben „Wolfgang Niedecken's BAP rockt andere kölsche Leeder“ und „Affjetaut“. Kurze Abende werden es nicht.


Vorverkauf

Der Vorverkauf für die beiden „Sartory“-Konzerte startet an diesem Samstag um 8 Uhr. www.bap-tickets.de

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