ZentralbibliothekWie das Kafka-Buch zum Film wird - und was gar nicht ging

Lesezeit 3 Minuten
Lesung Michael Kumpfmüller
Zentralbibliothek

Michael Kumpfmüller las in der Zentralbibliothek

Michael Kumpfmüller las in der Zentralbibliothek in Köln aus der „Herrlichkeit des Lebens“

Kafka habe sich für ihn wie ein Bruder angefühlt. Das war nach dem Erstkontakt, mit gerade mal 15 Jahren und nicht mal freiwillig. Denn Michael Kumpfmüller, Autor der „Herrlichkeit des Lebens“ wurde von seinem Deutschlehrer, Herrn Grimm, zur Lektüre verpflichtet. Und siehe da: „Kafkas Liebesbriefe“ verfingen bei dem Jugendlichen. 

In der Zentralbibliothek las der 62-Jährige aus seinem Erfolgsroman über die späte Liebe Franz Kafkas, sein letztes Lebensjahr. Im Jahr 1923 lernt der tuberkulosekranke Dichter in einem Ostseebad die Köchin Dora Diamant kennen. Er zieht mit ihr nach Berlin, teilt die letzten Monate seines Lebens mit ihr. Das Buch hatte der in Berlin lebende Schriftsteller bereits 2011 fertiggestellt, derzeit ist der Film in den Kinos zu sehen. 

Kumpfmüller las drei Szenen seines Werkes. Vom Zauber der Begegnung etwa, dem Kennenlernen am Strand. Anders als im Buch kommt Kafka der jungen Köchin das erste Mal als Tanzende am Strand näher. „Dann sitzen sie am Strand unter einer Glocke, die jeden Laut sofort verschluckt“, schreibt er. Angesiedelt ist die Szene im Ostseebad Graal-Müritz.  Im Buch zumindest. Denn für eine Verfilmung muss der Autor in der Regel sein Werk aus der Hand geben.

Veto bei Film-Szenen eingelegt

Das war die zweite Ebene des Abends: Der Schriftsteller schilderte überaus humorvoll, wie aus einem Roman ein Kinofilm wird. „Man freut sich natürlich als Künstler, wenn ein anderer Künstler aus einem Buch etwas machen will.“ Aber es gebe auch ein Unbehagen, dass einem das Werk entgleitet. Und dann gebe es manche seltsame Idee für die Umsetzung gegen die man protestieren könne  - aber eigentlich sei man als Autor machtlos. Bei zwei Szenen (unter anderem ein Pogrom, das eingefügt werden sollte) habe er sein Veto eingelegt. „Man hat auf mich gehört und das hat mich gefreut. “

Der Autor hat also gelernt, wie schwierig die Übersetzung seines Buches ist. Es handelt sich ja eher um eine feinsinnige Erzählung, einen Liebesroman nach einer wahren Geschichte. Beim Filmemachen muss immer etwas mehr passieren, weiß Kumpfmüller nun, und er hat gelernt, was die Produktion in erster Linie ausmacht: warten. Weil immer irgendetwas noch nicht fertig ist oder einer fehlt. Noch eine Weisheit: Wenn am Ende im Abspann steht: „Nach dem gleichnamigen Roman von ..., “dann hat alles gut geklappt. Wenn dort stehe: „Frei nach Motiven  ...“, dann ist der Autor sauer.   

„Die Herrlichkeit des Lebens“ sei auch ein großer Pflegeroman, habe ein Bekannter durchaus treffend zu ihm gesagt, erzählt der Schriftsteller („Hampels Fluchten“, „Ach, Virginia“). Denn dem Dichter geht es am Ende nicht gut. Kafka spuckt Blut, und er muss sich mittels Zettelbotschaften verständigen, sprechen darf er nicht mehr. Er denkt an den Vater. „Wäre er zufrieden mit mir als Sterbender?“ Und er ist erfüllt von der Liebe zu Dora. Mit ihr ist er nach Berlin gegangen, und sie ist geblieben. Mehr hat er nicht zu hoffen gewagt.

Rundschau abonnieren